Kurz nach Beginn des 1. Weltkriegs wurde der Paradiesbrunnen in einer Nacht- und Nebel-Aktion auf dem Markt in Bischofswerda am 8.11.1914 eingeweiht. Das von den Bildhauern Köppl und Polte aus Dresden geschaffene Denkmal sollte aus Anlass des Stadtbrandes zum 100. Jahrestag schon im Mai 1913 aufgestellt werden. Zu Beginn des ersten Weltkrieges konnte von paradiesischen Zeiten zu keine Rede sein, es passte nun ganz und gar nicht in diese Zeit. Auf der Weltkugel steht der Baum des Lebens, der goldene Früchte trägt. Eva, die Mutter des Lebens, reicht Adam (hebräisch der Mensch, die Menschheit) die verlockende Frucht, die zur Erkenntnis von Gut und Böse verhelfen soll, so die biblische Geschichte. Sie leben im Garten Eden, dort wo es keinen Mangel gibt. Sie haben alles, was sie zum Leben brauchen und müssen sich auch vor niemanden schämen. Doch da gibt es die Verlockung nach dem „mehr“, welches die Schlange durch das Essen der verbotenen Frucht verspricht. Dann folgt die Strafe auf die Überschreitung der gesetzten Grenze und die Lebensfülle der beiden geht verloren. Die paradiesische Zeit ist vorbei. Von nun an müssen sie sich mühsam selbst ernähren und das ein Leben lang. Der paradiesische Zustand kommt nicht wieder, er wurde verspielt. Geblieben ist dem Menschen die Sehnsucht nach dem Paradies, eine Sehnsucht, welche die Menschheitsgeschichte prägt. Heute ist das Paradies käuflich geworden im Ferien-Paradies, Frische-Paradies, Betten-Paradies, Taschen-Paradies usw. Alle versprechen uns die Rückkehr in diese Zeit. Pilger verzichten bewusst auf solche Paradiese und sind nur mit dem Nötigsten unterwegs. Kaum ein Pilger beklagt sich über den Mangel an Komfort, sondern stellt fest, dass weniger mehr sein kann. Vielleicht ist das der Weg, um die Fülle des Lebens zu erfahren? Der Paradiesbrunnen erzählt die alte Geschichte der Menschheit, doch das mythische Sinnbild Paradies regt auch heute noch zum Nachdenken an.